Bekämpfung von gastrointestinalen Parasiten bei Rindern: Die Herausforderungen von morgen beginnen heute


Von Dr. Richard Eicher, Dr. med. vet, DES, MSc

Eine moderne und nachhaltige Bekämpfung von Magen-Darm-Strongyliden muss darauf abzielen, die Entwicklung von Resistenzen gegen Anthelminthika zu bremsen, die Auswirkungen auf die Umwelt zu verringern und gleichzeitig die Profitabilität für den Landwirt zu steigern, indem die Zahl der unnötig behandelten Tiere reduziert wird.
 

Resistenzen gegen Anthelminthika - Strategie des Refugiums 1,2

Der Anteil der Parasitenpopulation in den sog. Refugien ist wichtig, um die Rate der Resistenzentwicklung zu beeinflussen. Wenn alle Tiere einer Gruppe behandelt werden, sterben die empfindlichen Parasiten ab. Nur die resistenten Parasiten überleben, vermehren sich und geben damit die Resistenzgene an ihre Nachkommen weiter.

Bei einer sogenannten Refugium-Strategie wird nur ein Teil der Gruppe behandelt. Das Ergebnis ist eine gemischte Population von Parasiten (empfindlich und resistent). Die Population der empfindlichen Parasiten verdünnt die Population der resistenten Parasiten und verlangsamt so die Entwicklung einer vollständig resistenten Parasitenpopulation.

Man spricht in diesem Fall von einer gezielt - selektiven - Behandlung. Ein praktisches Problem bei dieser Strategie ist die Übertragung von Anthelminthika durch gegenseitiges Lecken. In einer Studie wurde eindeutig nachgewiesen, dass unbehandelte Tiere die transkutan applizierten Substanzen von anderen Tieren, die in derselben Gruppe gehalten werden, erwerben3. Um eine gezielt-selektive Behandlungsstrategie mit Pour-on-Formulierungen zu praktizieren, bedeutet das konkret, dass man die behandelten Tiere von den Refugium-Tiere unbedingt trennen muss. Dies ist in den meisten Fällen schwierig oder sogar unmöglich umzusetzen. In diesem Fall scheint die Anwendung von Anthelminthika durch Injektion die beste Alternative zu sein.
 

Die Auswirkungen auf die Umwelt verringern

Eine Verringerung der Umweltauswirkungen von Anthelminthika kann einerseits durch die Wahl des Moleküls erreicht werden. Denn Anthelminthika werden hauptsächlich über den Kot der behandelten Tiere ausgeschieden. Die Hauptkomponente ist der unveränderte Wirkstoff4. Darüber hinaus können Pour-on-Mittel bei regnerischem Wetter oder starkem Schwitzen von der Haut ausgewaschen werden. Dadurch gelangen die Moleküle direkt in den Boden und in Gewässer.

Die OECD hat eine Methode zur Bewertung der Biotoxizität von Molekülen entwickelt, die auf ihrer Persistenz und Bioakkumulation in Böden und Gewässern sowie ihrer Toxizität beruht (OECD 3055 , 3076 und 3087).

Eprinomectin ist sehr giftig für die Dungfauna und Wasserorganismen, es bleibt im Boden bestehen und kann sich in Sedimenten anreichern (PT-Status).4

Moxidectin erfüllt die Kriterien eines (sehr) persistenten, bioakkumulierbaren und toxischen Stoffes (PBT); daher sollte die Umweltexposition gegenüber Moxidectin so weit wie möglich begrenzt werden. Behandlungen sollten nur bei Bedarf durchgeführt werden und sollten auf der Anzahl der im Kot nachgewiesenen Parasiteneier oder auf einer Bewertung des Befallsrisikos auf der Ebene einzelner Tiere und/oder der Herde basieren.8

Andererseits kann man auch daran arbeiten, die Menge des angewendeten Anthelminthikums zu reduzieren. Beispielsweise benötigt man bei Eprinomectin für die Pour-on - Behandlung einer Kuh mit 700 kg Körpergewicht 350 mg, gegenüber 140 mg mit der Injektionsform4,9. Außerdem werden bei der Injektionsversion aufgrund der gezielten Strategie weniger Tiere behandelt, und es gibt keine direkte Kontamination oder Auswaschung von Eprinomectin durch Regen.

Die Pour-on-Behandlung mit Anthelminthika ist zwar einfacher, bequemer und leichter anzuwenden als die Behandlung mit Injektionsmitteln. Dennoch bieten injizierbare Anthelminthika einige Vorteile. Sie tragen dazu bei, die Entwicklung von Resistenzen gegen Anthelminthika zu verhindern, und verringern die Auswirkungen auf die Umwelt. Darüber hinaus erhöhen diese Behandlungen die Rentabilität für den Landwirt, da die Anzahl der unnötig behandelten Tiere reduziert wird.


Referenzen:

  1. J. Charlier et al., Practices to optimise gastrointestinal nematode control on sheep, goat and cattle farms in Europe using targeted (selective) treatments, Veterinary Record, 2014, 175(10):250-255. 
  2. A.W.Greer et al, Refugia-Based Strategies for Parasite Control in Livestock. Vet Clin North Am Food Anim Pract., 2020, 36(1):31-43. 
  3. A. Bousquet-Mélou et al., Endectocide exchanges between grazing cattle after pour-on administration of doramectin, ivermectin and moxidectin, International Journal for Parasitology, 2004, 34 (11):1299-1307. 
  4. Eprecis Pour-on 5mg/ml ad us. vet., Fachinformation. 
  5. OECD, Test Nr. 305: Bioaccumulation in Fish: Exposure through the aquatic environment and through the food path, OECD Guidelines for the Testing of Chemicals, Section 3, OECD Publishing, Paris, 2012. 
  6. OECD, Test Nr. 307: Aerobic and anaerobic transformation in soil, OECD Guidelines for the testing of chemicals, Section 3, OECD Publishing, Paris, 2002. 
  7. OECD, Test Nr. 308: Aerobe und anaerobe Transformation in aquatischen Sedimenten, OECD Guidelines for the Testing of Chemicals, Section 3, OECD Publishing, Paris, 2002. 
  8. CYDECTIN 0.5% FÜR-ON ad us. vet., Fachinformation. 
  9. Eprecis 20 mg/ml ad us.vet., Fachinformation.

Crissier, den 1. April 2024