Ernährungsmanagement bei chronischer Nierenerkrankung der Katze - die Grundlagen


Von Isabelle Bouissou, med. vet.

Die chronische Nierenerkrankung (CNE) ist eine häufige Erkrankung bei älteren Katzen. Sie ist durch einen fortschreitenden und irreversiblen Verlust der Nierenfunktion gekennzeichnet. Die Ursachen für eine CNE sind vielfältig, doch in den meisten Fällen ist die Krankheit idiopathisch. Anhand der Kreatinin- und SDMA-Blutwerte, sowie der Frage, ob eine Proteinurie vorliegt oder nicht, wird sie nach der International Renal Interest Society (IRIS) in verschiedene Stadien eingeteilt.

Die Ernährungsunterstützung spielt eine wichtige Rolle bei der Verbesserung der Lebensqualität und der Verlängerung des Überlebens von Patienten mit CNE. Mehrere Studien haben gezeigt, dass eine angepasste Ernährung die Lebenserwartung bei Hunden und Katzen mit CNE wesentlich erhöhen könnte¹,² was die Ernährungsunterstützung zu einem Schlüsselelement bei der Behandlung der Patienten macht.

Ziele des Ernährungsmanagements

Die Hauptziele des Ernährungsmanagements bei Katzen mit CNE sind die Bereitstellung einer vollwertigen Ernährung, die Progression der Krankheit zu verlangsamen und Komplikationen zu minimieren. Dies umfasst mehrere Aspekte:

  1. Vorbeugung und Verringerung der Urämie: Verringerung der Ansammlung von stickstoffhaltigen Substanzen im Blut, um die klinischen Folgen zu begrenzen.

  2. Kontrolle der Hyperphosphatämie: Die Phosphorwerte in akzeptablen Grenzen halten.

  3. Aufrechterhaltung der Homöostase und des Wasserhaushalts: Vermeidung von Elektrolyt- und Säure-Basen-Ungleichgewichten sowie von Dehydrierung.

  4. Gewicht und Muskulatur halten: Gewichtsverlust und Muskelabbau vermeiden.

Spezielle Diätfuttermittel zur Unterstützung der Nierenfunktion wurden entwickelt, um die Ernährungsbedürfnisse von Katzen mit CNE zu berücksichtigen. Um dies zu erreichen, werden sie üblicherweise nach den folgenden Prinzipien formuliert:

  • Phosphatzufuhr beschränken (schrittweise, je nach Fortschritt der CNE)

    • Eine verminderte Nierenfunktion führt zu einer verminderten P-Ausscheidung und es kann ein sekundärer Hyperparathyreoidismus entstehen.

    • Wenn eine Hyperphosphatämie trotz eingeschränkter Phosphorzufuhr über die Nahrung persistiert, kann ein Phosphatbinder hinzugefügt werden

  • Proteinzufuhr mässigen (ebenfalls schrittweise)

    • Proteine müssen jedoch von ausgezeichneter Qualität und hochverdaulich sein, um dem Muskelabbau vorzubeugen und den Bedarf an Aminosäuren zu decken.

    • Wenn die Proteine schwer verdaulich sind, werden sie im Dickdarm fermentiert, was zur Synthese von urämischen Toxinen führt. Qualität geht also vor Quantität!

  • Hoher Gehalt an Omega-3-Fettsäuren: EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure)

  • Ausreichender Kaliumgehalt, da Hypokaliämie bei CNE relativ häufig vorkommt

  • Hoher Gehalt an B-Vitaminen, und Antioxidantien

  • Hoher Energiegehalt, hohe Verdaulichkeit und Schmackhaftigkeit

  • Unterstützung bei der Homöostase des Säure-Basen-Gleichgewichts 

Mit diesen Anpassungen zielen die Spezialdiäten darauf ab, die Nierenfunktion optimal zu unterstützen und gleichzeitig die besonderen Bedürfnisse der einzelnen CNE-Stadien zu berücksichtigen.

Wahl des Futters und Monitoring

Es ist wichtig zu beachten, dass die Ernährungsbedürfnisse bei jedem Patienten individuell sind und sich mit dem Fortschreiten der Krankheit ändern. Die Ernährung muss daher individuell angepasst werden und basiert u. a. auf Blut- und Harnanalysen, dem IRIS-Stadium der CNE und der klinischen Untersuchung (u. a. Body Condition Score und Muscle Condition Score), um die am besten geeignete Nahrung auszuwählen.

Es gibt mittlerweile diätetische Futtermittel, die speziell für Patienten im frühen oder fortgeschrittenen Stadium der Krankheit entwickelt wurden, was eine allmähliche Anpassung auf lange Sicht erleichtert.

In den frühen Stadien der CNE wird der Schwerpunkt vor allem darauf liegen, die Progression der Krankheit zu verhindern. In fortgeschrittenen Stadien liegt der Schwerpunkt auf der Linderung der klinischen Anzeichen, um die Lebensqualität zu erhalten.

Ein regelmässiges Monitoring ist wichtig, um die Diät an das Fortschreiten der CNE anzupassen. Häufige Blut- und Harnuntersuchungen helfen dabei, die Wirksamkeit der Diät zu beurteilen und Komplikationen frühzeitig zu erkennen.

Schlussfolgerung

Das Ernährungsmanagement von CNE bei Katzen ist ein Schlüsselelement der langfristigen Betreuung. Durch die Befolgung gut etablierter Ernährungsstrategien und die Anpassung der Diät an die individuellen Bedürfnisse ist es möglich das Leben von Katzen mit CNE zu verlängern und ihre Lebensqualität zu verbessern. Eine kontinuierliche Kommunikation mit den Besitzern ist ebenfalls entscheidend, um eine gute Nachsorge zu gewährleisten und die Therapie im Laufe der Zeit anzupassen.


Referenzen:

  1. Pedrinelli V, Lima DM, Duarte CN, Teixeira FA, Porsani M, Zarif C, Amaral AR, Vendramini THA, Kogika MM, Brunetto MA. Nutritional and laboratory parameters affect the survival of dogs with chronic kidney disease. PLoS One. 2020 Jun 30;15(6):e0234712. doi:10.1371/journal.pone.0234712. PMID: 32603378; PMCID: PMC7326232.

  2. Plantinga EA, Everts H, Kastelein AM, Beynen AC. Retrospective study of the survival of cats with acquired chronic renal insufficiency offered different commercial diets. Vet Rec. 2005 Aug 13;157(7):185-7. doi: 10.1136/vr.157.7.185. PMID: 16100367


Crissier, den 1. Juni 2024