Schon gewusst- Progesteron spielt schon vor der Trächtigkeit eine wichtige Rolle


Von PhD Silke Haen, med. vet.

Progesteron, gebildet vom Gelbkörper ist ein wahres Powerpaket. Es ist nicht nur für den Beginn und die Beibehaltung der Trächtigkeit entscheidend, sondern spielt auch schon im Zyklus vor der Trächtigkeit eine entscheidende Rolle.

Die zirkulierende Menge an Progesteron ergibt sich aus dem Gleichgewicht zwischen der Produktion, die hauptsächlich im Gelbkörper stattfindet und dem Stoffwechsel, in erster Linie durch die Leber. Die Geschwindigkeit des Stoffwechsels von Progesteron wird von dem Durchfluss des Blutes in der Leber bestimmt.

Ein erhöhter Progesteronspiegel vor der Besamung verringert Doppeltovulationen und verbessert die Fruchtbarkeit nach der Besamung. Kurz vor der Ovulation kann sich eine leichte Erhöhung an Progesteron beispielsweise durch einen nur unvollständig regressierten Gelbkörper negativ auf die Fruchtbarkeit auswirken. Nach der Befruchtung ist das zirkulierende Progesteron entscheidend für das Wachstum des Embryos und die Aufrechterhaltung der Trächtigkeit.

Das vermehrte Auftreten von Zwillingen bei Milchkühen ist in erster Linie auf den hohen Anteil von Kühen mit doppeltem Eisprung zurückzuführen. Das weiss man, da ungefähr 93 % der Zwillinge nicht identisch sind. Zahlreiche Faktoren beeinflussen die Zwillingsrate, darunter das Alter der Mutter, die Jahreszeit, Genetik, Behandlungen mit Hormonpräparaten oder Antibiotika und Zysten auf den Eierstöcken; zunehmendes Augenmerk liegt auf dem Zusammenhang von Hochleistung, zirkulierender Progesteronkonzentration und dem Vorkommen von Doppelovulationen. Eine höhere Milchproduktion kann zu reduzierten zirkulierenden Progesteronkonzentrationen führen aufgrund der erhöhten Futteraufnahme und der entsprechenden Zunahme des Stoffwechsels in der Leber. Niedrige Progesteronkonzentrationen führen zu einem verzögertem Tiefpunkt in der FSH-Ausscheidung und erhöhten LH-pulsen und daher zur Selektion und Codominanz von 2 oder gar drei Follikeln. Beim Eisprung kommt es dann zu Ovulationen all dieser Follikel.

Die Erhöhung von Progesteron vor der KB kann die Fruchtbarkeit erheblich verbessern, was darauf hindeutet, dass ein Grund für geringere Fruchtbarkeitsleistungen bei laktierenden Milchkühen zumindest teilweise auf reduzierte Progesteronkonzentrationen während des Zyklus zurückzuführen ist. In Studien die die Erhöhung von Progesteron vor der Befruchtung untersuchten, konnten Verbesserungen der Trächtigkeitsraten von mehr als 10 % bei einer Erhöhung des Progesteronspiegels beobachtet werden. Eine unzureichende Menge an Progesteron während des Zyklus kann also zumindest teilweise die hohe Rate an doppelten Eisprüngen sowie die verringerte Fruchtbarkeit, die für hochleistende Milchkühe charakteristisch ist, erklären.


Zusammenfassung von Wiltbank, M. C., Souza, A. H., Carvalho, P. D., Cunha, A. P., Giordano, J. O., Fricke, P. M., Baez, G. M., & Diskin, M. G. (2014). Physiological and practical effects of progesterone on reproduction in dairy cattle. Animal : an international journal of animal bioscience8 Suppl 1, 70–81. doi.org/10.1017/S1751731114000585


Crissier, den 1. November 2022